12 Musikpolitische Forderungen des Landesmusikrats Rheinland-Pfalz

Präambel

Der Landesmusikrat hat zur Aufgabe, die Musik in Rheinland-Pfalz zu fördern. Er ist Dachverband für das Musikleben, für das Laienmusizieren ebenso wie für die professionelle Musikszene, für Chöre, Ensembles und Orchester sowie   Jazz-, Rock- und Popbands. Als Dachverband des rheinland-pfälzischen Musiklebens vertritt er mehr als 500.000 Menschen in unserem Bundesland und stellt im Zuge der Landtagswahl im Jahr 2016 musikpolitische Forderungen für eine Verbesserung der Situation der Musik in Rheinland-Pfalz.

I. Laienmusik

Das Laienmusizieren ist eine der tragenden Säulen des Musiklebens. Mit seinen verschiedenen Szenen und Gruppierungen trägt es in erheblichem Maße zur Vitalität unseres Musiklebens bei und bildet den Humus für gelebte kulturelle Vielfalt. Gerade im ländlich geprägten Rheinland-Pfalz ist die Laienmusik sozialer Kit, Standortfaktor und Motor des Ehrenamts.

1. Forderung: Erhöhung der Landeszuschüsse für die Laienmusikverbände Die Laienmusikverbände übernehmen zahlreiche wichtige Aufgaben für ihre Mitgliedsvereine und die Gesellschaft. Zentrale Punkte sind die Fort- und Weiterbildung sowie die Jugendarbeit. Seit mehr als 20 Jahren wurden die Zuschüsse des Landes für die Musikverbände nicht mehr erhöht. Wir fordern eine Anpassung der Landeszuschüsse, um die Handlungsfähigkeit der Verbände aufrechterhalten zu können.

2. Forderung: Verankerung des Ehrenamts in der Schule Das Ehrenamt speist sich nicht von selbst. Es muss strukturell in den Schulen vorbereitet werden. Wer früh im Leben mit ehrenamtlichen Aufgaben vertraut wird, führt diese auch später im Leben weiterhin aus. Wir fordern enge Kooperationen mit Laienmusikvereinigungen in Schulen, um für Schülerinnen und Schüler das Ehrenamt erfahrbar zu machen. Wir fordern darüber hinaus, der Bedeutung des Ehrenamts in der Musik durch strukturelle und finanzielle Maßnahmen Rechnung zu tragen.

II. Musikpädagogik

Die vielfachen positiven Effekte aufgrund einer musikalischen Bildung unserer Kinder wurden durch zahlreiche Studien bewiesen. Neben der allgemeinen Freude am Musizieren wird die Persönlichkeitsentwicklung durch den aktiven Umgang mit Musik ebenso gefördert wie die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit. Darüber hinaus ist Musik ein prädestiniertes Mittel zur Bewältigung der Herausforderungen von Migration und Inklusion.

3. Forderung: Verbesserung der Ausbildung Um Kindern in Kindertagesstätten, aber auch in Grundschulen und weiterführenden Schulen die Musik nahebringen zu können, bedarf es einer qualitativ hochwertigen Musikausbildung für Erzieherinnen und Erzieher sowie für Lehrerinnen und Lehrer. Wir fordern deshalb eine ausreichende Anzahl von qualifizierten Fachkräften, um allen Kindern in Kita und Grundschule eine musikalische Bildung zuteilwerden zu lassen.

4. Forderung: Stärkung der Fort- und Weiterbildungen im Fach Musik Pädagogische Fachkräfte an Kitas, Grundschulen und weiterführenden Schulen sind dazu verpflichtet, sich durch Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen die Lehrbefähigung in Fächern, die nicht Teil ihres Studiums waren, zu erarbeiten. Wir fordern eine ausreichende Bereitstellung von Fortbildungsmöglichkeiten im Fach Musik.

5. Forderung: Erhöhung der Ausbildungskapazitäten für alle Schulformen Der Unterrichtsausfall an unseren Schulen im Fach Musik ist außerordentlich hoch. Viele Schulen verfügen über keinen oder zu wenige Fachlehrer für das Fach Musik. Wir fordern deshalb eine Erhöhung der Ausbildungskapazitäten für das Fachstudium Musik und die musikpädagogische Basisausbildung an den rheinland-pfälzischen Hochschulen.

6. Forderung: Stopp der Ausgrenzung des Fachs Musik in den Abiturprüfungen Im Zuge der Überarbeitung der Abiturprüfungsordnung wurde das Fach Musik deutlich im Fächerkanon herabgestuft. Musik kommt nicht mehr als viertes mündliches Prüfungsfach in Frage. Wer Musik als Leistungsfach wählt, muss in jedem Fall eine fünfte Prüfung absolvieren. Dies ist vor dem Hintergrund, dass kulturelle Bildung als essentieller Bestandteil einer umfassenden Bildung angesehen wird, nicht nachzuvollziehen. Wir fordern eine grundsätzliche Überarbeitung der Abiturprüfungsprofile, um die Ausgrenzung für das Fach Musik zu beenden und im Zuge der Gleichbehandlung aller Fächer die Einheitlichkeit aller Fächerkombinationen hinsichtlich der verpflichtenden Anzahl von Prüfungsfächern zu gewährleisten.

7. Forderung: Förderung der Kooperationen in Ganztagsschulen Die Ganztagsschulen sind eine gesellschaftliche Notwendigkeit. Doch durch die starke zeitliche Beanspruchung der Schülerinnen und Schüler ist die Vereinbarkeit von Schule und aktivem Musizieren erschwert. Deshalb sind Kooperationen von Ganztagsschulen mit außerschulischen Partnern wie Musikschulen und Musikvereinigungen von großer Bedeutung. Wir fordern eine stärkere Öffnung der Ganztagsschulen gegenüber ihrem lokalen und regionalen Umfeld, um den schulischen Alltag mit der Lebenswelt ihrer Schülerinnen und Schüler zu verbinden.

8. Forderung: Zukunftsfähige Förderung der Landesmusikakademie Die Landesmusikakademie Rheinland-Pfalz ist die zentrale Weiterbildungseinrichtung für den musikalischen Nachwuchs sowie für Lehrgänge in der Laienmusik bis hin zu Fort- und Weiterbildungen für Musikpädagogen in Vorschule, Schule oder im sozialpädagogischen Bereich. Um diese zentrale Rolle der allumfassenden musikalischen Weiterbildung beibehalten und ausbauen zu können, fordern wir ein klares politisches Bekenntnis und eine bessere finanzielle Ausstattung dieser einzigen Einrichtung ihrer Art in unserem Land.

III. Professionelle MusikKultur

Neben der in Rheinland-Pfalz weit verbreiteten Laienmusikbewegung gibt es auch eine vielfältige Szene der professionellen MusikKultur. Besonders zu erwähnen sind hierbei die fünf professionellen Landes- und kommunalen Orchester sowie ein Rundfunk-Sinfonieorchester. Diese Orchester nehmen neben ihrer primären Funktion als Konzert- oder Opernorchester auch wichtige Aufgaben in Musikpädagogik und Laienmusik wahr. So sind viele Berufsmusiker Dirigenten von Laienensembles, Lehrer an Musikschulen und in der Jugendausbildung allgemein tätig.

9. Forderung: Bestandssicherung von Orchestern und Theatern Die Orchester in Kaiserslautern, Koblenz, Ludwigshafen, Mainz und Trier und die von ihnen bespielten Theater sind musikalische Leuchttürme unseres Landes. Sie wirken nicht nur als kulturelle Botschafter, sondern wirken tief in die musikalische Vielfalt der Regionen hinein. Wir fordern eine ausreichende und zukunftsorientierte Finanzierung dieser Kultureinrichtungen sowie die Erhaltung der aktuellen Planstellenzahl.

10. Forderung: Bewahrung des musikkulturellen Auftrags des Südwestrundfunks Der Südwestrundfunk hat als öffentlich-rechtlicher Sender in Rheinland-Pfalz eine herausragende musikkulturelle Bedeutung inne. Im Gegensatz zur rein quotenorientierten Programmstruktur der Privatsender besteht ein kultureller Auftrag beim SWR, dem er nicht ausreichend gerecht wird. Wir fordern deshalb den Stopp des schleichenden personellen wie finanziellen Abbaus in den Musikredaktionen, eine Erhöhung der Sendezeit für klassische Musik, Laienmusik und semiprofessionelle Rock/Pop-Bands sowie die Bewahrung der Planstellenzahl verbunden mit der Möglichkeit der künstlerischen Fortentwicklung in der Deutschen Radiophilharmonie Saarbrücken-Kaiserslautern.

IV. Musikpolitische Grundsätze

Rheinland-Pfalz ist ein ländlich geprägtes Bundesland. Es ist angewiesen auf innovative Kräfte, die im Bereich der Kreativwirtschaft, aber auch darüber hinaus die Grundlage unseres Zusammenlebens bereichern. Kultur fördert die Kreativität, doch der Anteil der Ausgaben für Kultur ist im Landeshaushalt alarmierend gering. Die Zukunftsfähigkeit unseres Bundeslandes hängt unmittelbar mit einer aktiven und offensiven Musikpolitik zusammen.

11. Forderung: Allgemeine Ausnahme von Kunst, Kultur in TTIP Der Landesmusikrat teilt die Sorge der Dachverbände des Musik- und Kulturlebens in Deutschland, Österreich und der Schweiz, dass die Durchsetzung der Freihandelsabkommen mit den USA eine Gefahr für unsere kulturelle Identität ist. Im aktuellen Geschehen werden Kultur und Wirtschaftsgüter am Verhandlungstisch in einen Topf geworfen, obwohl sie nicht gleichgesetzt werden können. Es wird an den Grundpfeilern unserer Gesellschaft gesägt, wenn dem öffentlich finanzierten Kulturleben die gesamte Grundlage entzogen werden kann. Wir fordern deshalb eine allgemeine Ausnahme von Kunst und Kultur in TTIP.

12. Forderung: Intensivere Umsetzung der UNESCO Konvention zur kulturellen Vielfalt Die UNESCO-Generalkonferenz hat am 20. Oktober 2005 die „Konvention zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen“ verabschiedet, die am 18. März 2007 in Kraft trat. Über 100 Staaten und Staatengemeinschaften haben die Konvention ratifiziert – auch die Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Union. Das Übereinkommen schafft eine völkerrechtlich verbindliche Grundlage für das Recht aller Staaten auf eine eigenständige Kulturpolitik. Die UNESCO-Konvention deckt mit ihren drei Grundsäulen die wesentlichen Elemente unseres Kulturlebens ab: den Schutz und die Förderung

  • des kulturellen Erbes,
  • der zeitgenössischen künstlerischen Ausdrucksformen
  • der Kulturen anderer Länder in Deutschland

Wir fordern daher

  • eine breite Förderung des musikkulturellen Erbes in allen gesellschaftlichen Bereichen
  • eine konsequente Förderung der avantgardistischen Musik und musikkulturellen Formen im Bereich Rock/Pop/Jazz
  • eine Integration der MusikKulturen von Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzern mit Migrationshintergrund sowie von Flüchtlingen, die auf unsere Hilfe angewiesen sind